[DE] Bundesdrogenbeauftragte – Jahresbericht 2020 + Tabakatlas 2020

Am 30.11.2020 hat die Bundesdrogenbeauftragte, Daniela Ludwig, den „Jahresbericht 20201 veröffentlicht. Gleichzeitig hat auch die Tabakkontrolle im DKFZ ihren „Tabakatlas 20202 der Öffentlichkeit vorgestellt.

In dem diesjährigen Jahresbericht wird die Überarbeitung des Tabak- und E-Zigaretten-Werbeverbotes 3 ganz groß „gefeiert“.

Hierbei wurden auch die von E-Zigaretten ausgehenden Gesundheitsgefahren umfassend adressiert.

Daniela Ludwig wird zitiert mit:

„Ich habe mich vom ersten Tag als Drogenbeauftragte dafür eingesetzt, Verdampfer und Erhitzer ins Tabakaußenwerbeverbot einzubinden. Wir leisten damit aktiven Jugend- und Gesundheitsschutz und stärken die Prävention auf ganzer Linie!

Wieder einmal werden Kinder und Jugendliche als Grund vorangeschoben um gegen die Bedürfnisse Erwachsener zu regulieren. Dem Gesundheitsschutz wurde mit dem Werbeverbot für die sicherere Alternative E-Zigarette und Tabakerhitzer definitiv kein Gefallen getan. Gerade für Raucher ist eine objektive Aufklärung zur E-Zigarette und deren Vorteile für die Gesundheit aufgrund des Umstieges von Nöten. In Großbritannien ist seit der Einführung der E-Zigarette und deren Unterstützung durch die Politik die Zahl der Raucher massiv gesunken 4. Weiter wird der Fakt der DEBRA-Studie 5 ignoriert, dass Jugendliche so gut wie gar nicht an E-Dampfprodukte interessiert sind.

Im folgenden wird auf eine Regulierung der Inhaltsstoffe eingegangen. Demnach sei gäbe es ein Problem mit nikotinfreien „Shake ’n‘ Vape“ Produkten, durch welche angeblich die Inhaltsstoffregulierung umgangen würde. Das ist so nicht richtig: die Hersteller halten sich an die Vorgaben welche im TabakerzG 6 und TabakerzV 7 gemacht werden. So wird im Jahresbericht mit schwammiger Formulierung eine „Gefahr“ konstruiert, welche so in der Realität nicht vorhanden ist:

Auch wenn in E-Zigaretten kein Tabak verbrannt wird und deshalb insbesondere die mit diesem Verbrennungsprozess assoziierten Risiken entfallen, birgt der Konsum dieser Produkte gesundheitliche Gefahren. So besteht, werden nikotinhaltige Nachfüllbehälter genutzt, zunächst ein erhebliches Suchtrisiko. Hinzu kommen unter anderem Schädigungen der Blutgefäße und eine entzündungsfördernde Wirkung.

Aha, dass ist mir nicht bekannt, hier gibt sich im Dokument der Ringschluss zu den Veröffentlichungen der Tabakkontrolle im DKFZ (siehe weiter unten).

Zudem kommt, dass das Thema Tabakschadensminimierung komplett in diesem Jahresbericht ignoriert wird!

Prof. Dr. Heino Stöver macht in seinem Alternativen Drogen- und Suchtbericht 8, sowie in dem kürzlich veröffentlichten Positionspapier 9 die Politik immer wieder darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, dass Prinzip der Tabakschadensminimierung auch in Deutschland anzuwenden.

Derweil in Heidelberg:

In der WHO-Kollaborationsstelle für Tabakkontrolle mit Sitz im DKFZ wird mit dem „Tabakatlas 202010 wieder „fröhlich“ mit Desinformation zur E-Zigarette um sich geschlagen.

Mit ganz viel Konjunktiv wird dem unbedarften Leser, welcher nicht in dem Thema E-Dampfprodukte drin ist, eine ominöse Gefahr durch die E-Zigarette vermittelt, sei es über Inhaltsstoffe über eine Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten bis hin zu angeblichen Passivdampf. Beim durchlesen kann es dem informierten Dampfer nur noch schlecht werden. Das will ich hier erst gar nicht alles auflisten. Hier wurden wohl die Ergebnisse diverser Kokel- und Mäusestudien ausgewertet. Sogar EVALI wird mit Sternchen und Verweis auf „wahrscheinlich mit Vitamin E-Acetat gestreckte cannabishaltige Liquids aus inoffiziellen Quellen“ aufgeführt. Das ist bewusste Irreführung; EVALI hat mit dem normalen Gebrauch der E-Zigarette und legal erhältlichen Liquids absolut nichts zu tun 11, 12.

Fakt ist, die E-Zigarette ist mindestens 20mal weniger schädlich als die Tabakzigarette 13. In Großbritannien haben offiziell 1,5 Millionen Raucher mit Hilfe der E-Zigarette das Rauchen aufgegeben. Raucher, welche auf die E-Zigarette umsteigen verbessern ihr Herz-Kreislauf-System innerhalb von wenigen Wochen 14. Auch Raucher, welche an COPD erkrankt sind, profitieren von einem Umstieg auf das Dampfen 15. Ebenfalls ist werdenden Müttern, welche das Rauchen in der Schwangerschaft nicht aufgeben können, der Umstieg auf die E-Zigarette zu empfehlen, um das ungeborene Leben zu schützen 16. Weitere Studien zur E-Dampfe, Aerosole und Gesundheit gibt es in der Studiendatenbank 17.

In der Ärzte Zeitung 18 wird der Eindruck erweckt, als stecke die Welt in einem Wettbewerb, welches Land am meisten die Raucher reguliert. Deutschland steht demnach richtig „schlecht“ dar. Das ist absurd, das angeblich schlechte Abschneiden bei der Tabakkontrolle liegt daran, dass die WHO FCTC und alle angeschlossenen Organisationen das Prinzip der Tabakschadensminimierung mit Hilfe der E-Zigarette ablehnen!

In diesem Artikel wird Prof. Dr. Ute Mons zitiert:

Auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ hielt Mons Deutschland noch nicht reif dafür, parallel zur Prävention auch den Ansatz der Harm Reduction – und damit der Aufklärung über im Vergleich zu konventionellen Tabakzigaretten potenziell weniger schädlichen Alternativen wie E-Zigaretten oder Tabakerhitzern – zu verfolgen. Die Harm Reduction könne dann in den Fokus rücken, wenn bei der Tabakkontrolle alle Register gezogen seien, so Mons mit Verweis auf Großbritannien, wo dies der Fall sei.

Alter Schalter, was ist denn jetzt los? M. E. hat die Tabakkontrolle doch schon alle Register gezogen: Tabaksteuer, Werbeverbote, Ausgrenzung der Raucher aus der Gesellschaft mittels des BNichtrSchG 19, Angebote von Rauchstoppseminaren und Nikotinersatztherapien (BzGA). Es liegt doch nur an der Politik, sowie der Public Health Organisationen wie BzGA und Tabakkontrolle im DKFZ umzudenken. Organisationen wie der ABNR e.V. arbeiten aber permanent dagegen. Clive Bates hat für politische Entscheider einen wunderbaren Fragen & Antworten Katalog 20 zur E-Zigarette und Nikotin erstellt. Damit sollte es ein leichtes sein politisch die Tabakschadensminimierung umzusetzen. Der Global State of Tobacco Harm Reduction Report 2020 21 zeigt: in den Staaten, in welchen die E-Zigarette verfügbar ist, sinkt die Zahl der Raucher.

Wenn nicht JETZT, wann DANN, ist es an der Zeit Harm Reduction auch in Deutschland zu etablieren?!?

 

Weiterführende Informationen

Quellen

  1. https://www.drogenbeauftragte.de/assets/Jahresbericht_2020/DSB_2020_final_bf.pdf
  2. https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2020/dkfz-pm-20-73-Neuer-Tabakatlas-des-Deutschen-Krebsforschungszentrums-erschienen.php
  3. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/09/de-bundesrat-tabak-und-e-zigaretten-werbeverbot/
  4. https://www.ons.gov.uk/peoplepopulationandcommunity/healthandsocialcare/healthandlifeexpectancies/bulletins/adultsmokinghabitsingreatbritain/2018
  5. https://www.dampfer-magazin.de/das-maerchen-von-der-e-zigaretten-epidemie/
  6. https://www.gesetze-im-internet.de/tabakerzg/__15.html
  7. https://www.gesetze-im-internet.de/tabakerzv/anlage_2.html
  8. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/10/de-akzept-e-v-7-alternativer-drogen-und-suchtbericht-2020/
  9. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/10/de-isff-positionspapier-tabakkonsum-und-schadensminimierung/
  10. https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/sonstVeroeffentlichungen/Tabakatlas-Deutschland-2020.pdf?m=1606813115&
  11. https://ig-ed.org/2020/09/evali/
  12. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/10/de-vitamin-e-eine-analyse/
  13. https://www.blf.org.uk/sites/default/files/BK10_Smoking_v5_2019_PDFdownload.pdf
  14. https://ig-ed.org/2019/11/herzgesundheit-nur-vier-wochen-bis-zur-besserung/
  15. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/11/it-coehar-studie-umstieg-auf-e-zigarette-lindert-copd/
  16. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/07/fr-sovape-schwangerschaft-und-dampfen/
  17. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/studien/
  18. https://www.aerztezeitung.de/Politik/EU-Vergleich-Rote-Laterne-fuer-Deutschland-bei-Tabakkontrolle-415179.html
  19. https://www.gesetze-im-internet.de/bnichtrschg/
  20. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/02/uk-clive-bates-fragen-antworten-zu-nikotin-wissenschaft-und-politik/
  21. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2020/11/uk-global-state-of-tobacco-harm-reduction-report-2020/

Ein Gedanke zu „[DE] Bundesdrogenbeauftragte – Jahresbericht 2020 + Tabakatlas 2020

  1. Ich habe die Befürchtung, dass – so wie es Dr. Mons darlegt – erst zu einer Anerkennung der Harm Reduction kommen wird, wenn in Deutschland ALLE von der WHO empfohlenen Maßnahmen umgesetzt wurden und diese Maßnahmen beim Zigarettenkonsum kaum Wirkung zeigen.

    Guckt man sich unter https://www.tobaccocontrolscale.org/TCS2019.pdf den europäischen Tobacco Scale 2019 an, sieht man dass Deutschland ganz am Ende der Liste steht und diverse Maßnahmen aus Blickwinkel der WHO noch fehlen.

    Im Gegensatz dazu führt UK die Liste an und die Harm Reduction hat einen ganz anderen Stellenwert als in D.

    Der Satz von Ute Mons hat mir die Augen geöffnet, wie das Procedere zu laufen scheint und ich befürchte, es wird noch seehr lange dauern, bis die E-Zigarette die Anerkennung findet, die sie auch verdient.

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