[DE] BMEL – Ausschussanhörung Tabakwerbeverbot

Am 29.06.2020 hat im BMEL der Ausschuss getagt mit der Anhörung von Experten zum Tabakwerbeverbot, welches mit der zweiten Änderung des Tabakerzeugnisgesetz 1 umgesetzt werden soll.

Als Experten 2 waren geladen:

  • Laura Graen – Unfairtobacco 3
  • Dr. Tobias Effertz – Universität Hamburg 4
  • Prof. Dr. Rainer Hanewinkel – IFT-Nord 5
  • Dr. Ulrike Helbig-Schuster – Deutsche Krebshilfe 6
  • Dr. Ute Mons – Leiterin WHO-Kollaborationsstelle für Tabakkontrolle im DKFZ 7
  • Dr. Thomas Schulz – BfR 8
  • Prof. Dr. med. Martin Storck – Gefäß- und Thoraxchirurgie Karlsruhe 9

Die komplette Ausschusssitzung kann in der Mediathek 10 des Bundestages angesehen werden.

Es gab eine große Lobhudelei auf das Tabakwerbeverbot, vorallem das auch E-Dampfprodukte darin aufgenommen werden. Wie bei einer kaputten Schallplatte wurden die längst widerlegten Argumente gegen die E-Dampfe wiederholt: Formaldehyd und Metalle im Dampf, Gateway-Murks, Vorfälle in den USA (welche hierzulande keine Rolle spielen). Alles in Allem wird die Ideologie einer rauch- und dampffreien Welt mit dem unsäglichen WHO FCTC Vertrag proklamiert. Das Prinzip der Tabakschadensminimierung wird komplett außer Acht gelassen. Vorallem gute Studien von Prof. Polosa, Prof. Hajek oder Dr. Farsalinos werden ignoriert, d.h. überhaupt nicht von den Experten erwähnt.

Einzig allein Prof. Martin Storck ist hier ein Lichtblick:
Er sieht in der E-Zigarette und Tabakerhitzer ein probates Mittel für die Rauchentwöhnung, da aktuelle Risikoeinschätzungen zeigen, dass die E-Dampfe und auch Tabakerhitzer ein äusserst geringes Risiko (bis zu 1000-fach geringer) aufweisen im Vergleich zu Tabakzigaretten. Prof. Storck moniert, dass die Gleichbehandlung von Tabak- und E-Zigaretten fahrlässig sei, da dadurch die Raucher über die risikominimierende Alternative nicht aufgeklärt werden würden.

Dr. Ute Mons hat immerhin angemerkt, dass es Studien gibt, in welchen der Rauchstopp mit Hilfe der E-Zigarette untersucht wurde und das dies auch funktionieren kann.

Schön wäre es gewesen, wenn Verbraucher zu diesem Thema auch befragt worden wären. So hinterlässt die Anhörung wieder ein Geschmäckle und führt, wen verwunderts, zu immer mehr Politikverdrossenheit.

Eingereichte Stellungnahmen der Experten:

Nachtrag

Ein aufmerksamer Leser (siehe unten in den Kommentaren) hat festgestellt, dass die Positionen von Frau Helbig, sprich, der Deutschen Krebshilfe, 1:1 mit denen des ABNR e.V. übereinstimmt und die gleichen Argumente beinhaltet von der Stellungnahme 11 zum TabakerzG im Jahre 2015. D.h. diese Mitgliedsorganisationen rund um den ABNR sind überhaupt nicht an aktuellen Studien interessiert in Bezug auf Schadensminimierung etc. sondern sie vertreten ignorant ihre Ideologie.

Nachtrag 02

Die 2./3. Lesung und Debatte zu dem Gesetzenwurf zum Tabakwerbeverbot findet am 02.07.2020 um 21:05Uhr statt 12. Hier ist zu befürchten das die anwesenden Politiker den Gesetzentwurf zu dieser Uhrzeit nur noch schläfrig abnicken um schnell ihre Ruhe zu haben.

Nachtrag 03

Wie zu erwarten, wurde der Gesetzentwurf abgenickt: CDU, SPD, Linke, Die Grünen stimmten dafür, die FDP dagegen und die AFD enthielt sich.
Der große Fehler in dem Gesetz ist die Gleichstellung der E-Zigarette mit der Tabakzigarette! Dies ist ein schwerer Schlag für die Tabakschadensminimierung.

Am schlimmsten sind die Vorträge in der Debatte, welche sich auf der Seite des Bundestages  12 angesehen werden können. Soviel Unwissen und Inkompetenz beim Thema Nikotin und E-Zigarette hat die Welt noch nicht gesehen. Einzig allein Dr. Gero Hocker, FDP und Wilhelm von Gottberg, AFD, haben eine gute Rede zu diesem Gesetzentwurf gehalten, in dem sie auch das Vorbild Großbritannien bzgl. Rauchstopp mittels E-Zigarette genannt.

Des Weiteren wurde eine Entschließung verabschiedet, in welcher das Konsumverhalten von E-Dampfprodukten unter Jugendlichen weiter beobachtet werden soll, sowie Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen der Inhalation des E-Zigaretten Aerosols.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der AfD und der FDP bei Enthaltung der Linken und Grünen fasste der Bundestag eine Entschließung. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, den Fachausschüssen des Bundestages über die Entwicklung des Konsums von E-Zigaretten, vor allem bei Jugendlichen und Neueinsteigern sowie bisherigen Nichtrauchern zum 1. Januar 2022 und zum 1. Januar 2025 zu berichten. Die Inhaltsstoffe in E-Zigaretten sollten regelmäßig auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung und eine suchtsteigernde Wirkung überprüft und die Liste der verbotenen Inhaltsstoffe entsprechend aktualisiert werden.

Verlangt wird darüber hinaus eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Inhalierens von Aromen in E-Zigaretten. Dabei seien auch sogenannte Aroma-Cards bei Zigaretten sowie medizinische Aspekte der Tabakentwöhnung einzubeziehen. Zudem soll geprüft werden, in wieweit weitere Aromastoffe in die Liste verbotener Inhaltsstoffe im Anhang der Tabakerzeugnisverordnung aufgenommen werden müssen. Schließlich sollte auch eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Konsums der neuartigen All-White-Produkte wie Nikotinbeutel, Nikotin Pouches und Nikopods in Auftrag zu gegeben werden.

Hier wird es sicherlich wieder dubiose „Mainzelstudien“ geben 😕

Weiterführende Informationen

Quellen

  1. https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/194/1919495.pdf
  2. https://www.bundestag.de/resource/blob/702986/34fea6529fb1ee825fecfe3c4c864b0e/TO_57_Sitzung_1erg-data.pdf
  3. https://unfairtobacco.org/young-professional-award-fuer-laura-graen/
  4. https://www.bwl.uni-hamburg.de/irdw/personen/effertz.html
  5. https://www.ift-nord.de/de/institut/unser-team/
  6. https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-uns/kontakt-ansprechpartner/ansprechpartner/
  7. https://www.dkfz.de/de/krebspraevention/index.html
  8. https://www.bfr.bund.de/de/
  9. https://www.klinikum-karlsruhe.de/einrichtungen/chirurgische-kliniken/gefaess-und-thoraxchirurgie/
  10. https://www.bundestag.de/ausschuesse/a10_Ernaehrung_Landwirtschaft#url=L2Rva3VtZW50ZS90ZXh0YXJjaGl2LzIwMjAva3cyNy1wYS1sYW5kd2lydHNjaGFmdC10YWJhay03MDIxODI=&mod=mod540022
  11. https://www.krebshilfe.de/fileadmin/Downloads/PDFs/Stellungnahmen/Stellungnahme_der_Deutschen_Krebshilfe_zum_TabakerzeugnisG_25112015.pdf
  12. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw27-de-tabakerzeugnisgesetz-701734

4 Gedanken zu „[DE] BMEL – Ausschussanhörung Tabakwerbeverbot

    1. Super, danke für diesen Hinweis! Unglaublich, ein besseres Beispiel für die Ignoranz in Bezug auf aktuelle Forschungsergebnisse gibt es gar nicht.

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