[EU] CoEHAR – Offener Brief an EU-Kommission – COP10

Im Vorfeld der anstehenden WHO FCTC COP10 haben 90 wissenschaftliche Experten im Bereich Tabakschadensminimierung einen öffentlichen Brief an die EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides, unterzeichnet. Dieser offene Brief hebt hervor, welch enorme Bedeutung der Risikominimierung für die öffentliche Gesundheit im Rahmen der Bekämpfung der Tabakabhängigkeit zukommt.


Aufgrund von Unruhen in Panama und sonstigen Organisationschwierigkeiten wurde die COP10 auf 2024 verschoben 1, dennoch hat der Offene Brief von CoEHAR nichts an Bedeutung verloren. Im Gegenteil, die Verschiebung der FCTC COP10 bietet Befürwortern der Tabakschadensminimierung die Chance, ihrer Stimme bei politischen Entscheidern Gehör zu verschaffen.


Prof. Riccardo Polosa, Gründer von CoEHAR 2

„Man muss verstehen, dass viele Raucher, wenn nicht sogar die Mehrheit, nicht mit dem Rauchen aufhören können oder wollen […] für diese Menschen, vor allem für diejenigen mit bestimmten Krankheiten, kann der Übergang von herkömmlichen Zigaretten zu verbrennungsfreien Geräten eine erhebliche Verbesserung der Gesundheit bedeuten.”


Eine Übersetzung “Offener Brief für eine Neudefinition der Anti-Tabak-Politik3:

“Sehr geehrte Frau Stella KYRIAKIDES,

wir schreiben Ihnen als Mitglieder des Center of Excellence for the Acceleration of Harm Reduction (CoEHAR) der Universität Catania und als externe Wissenschaftler und Experten auf dem Gebiet der Tabakschadensminimierung.

Zwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums (FCTC) sind tabakbedingte Krankheiten nach wie vor eine der Hauptursachen für nicht übertragbare Krankheiten. Der Kampf gegen das Rauchen bleibt eine Priorität.

In Europa rauchen derzeit etwa 100 Millionen Menschen. Nach offiziellen Eurobarometer-Daten ist die Zahl der Raucher in der Europäischen Union zwischen 2014 und 2020 um nur 2 % zurückgegangen, trotz der ganzen Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums, die im Rahmen des FCTC vorgesehen sind. Bei diesem Tempo wird es mindestens 60 Jahre dauern, um das Ziel der Ausrottung des Rauchens zu erreichen (d. h. die Senkung der unter den Schwellenwert von 5 % zu senken).

In Anbetracht dieser Daten ist es an der Zeit zuzugeben, dass die derzeitigen Strategien zur Eindämmung des Tabakkonsums nicht schnell genug zu den gewünschten Ergebnissen führen. Daher ist es notwendig, die bestehenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Rauchens durch neue Ansätze, wie etwa um Strategien zur Schadensbegrenzung, zu ergänzen. Dies beinhaltet erwachsenen Rauchern verbrennungsfreie Alternativen zu herkömmlichen Zigaretten anzubieten und damit die durch die Emission giftiger Stoffe bei der Verbrennung von Tabak verursachten Schäden zu mindern. Dieser Ansatz wird von renommierten Gesundheitsbehörden nachdrücklich unterstützt, unter anderem vom Institute of Medizin (IOM), das darauf hingewiesen hat, dass verbrennungsfreie Produkte die tabakbedingte Mortalität und Morbidität trotz einer gewissen Restexposition, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau, minimieren.

In Schweden ist das Beispiel von „Snus“ (einer Art Tabak zum oralen Gebrauch) paradigmatisch: Es führte zu einem erheblichen Rückgang des Zigarettenrauchens mit einem deutlichen Rückgang der Sterblichkeitsraten bei Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schweden ist kein Einzelfall. Andere Länder, wie das Vereinigte Königreich, Norwegen, Japan und Neuseeland, die die Grundsätze der Schadensminimierung übernommen haben, konnten alle einen deutlichen Rückgang der Raucherprävalenz, selbst bei jungen Menschen, der weit über das hinausgeht, was man mit einfache Anwendung traditioneller Präventions- und Entwöhnungsmaßnahmen zu erreichen ist, verzeichnen. 

Im Rahmen des CoEHAR-Forschungsprogramms wurden die toxikologischen Auswirkungen verbrennungsfreier Produkte, ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Rauchern, aber auch ihre Auswirkungen auf den Gesundheitszustand von Personen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, die auf diese Produkte umgestiegen sind, untersucht.


Wir haben festgestellt, dass verbrennungsfreie Produkte:

1) im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten eine erhebliche Verringerung der Exposition/des Risikos bieten;

2) Rauchern helfen, mit dem Rauchen aufzuhören und

3) mit klinisch relevanten Verbesserungen bei Nutzern mit rauchbedingten Krankheiten, wie z. B. chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, verbunden.

Daher sollten verbrennungsfreie Alternativen nicht mit herkömmlichen Zigaretten gleichgesetzt werden. Dennoch übersehen die Weltgesundheitsorganisation und verschiedene europäische Institutionen weiterhin die Vorteile des Umstellung von Verbrennungsprodukten auf verbrennungsfreie Alternativen und konzentrieren sich ausschließlich auf deren absoluten Risiken.

Wir hoffen, dass die FCTC und die Europäische Union im Lichte der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine eine sorgfältige, ausgewogene und transparente Überprüfung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über nicht verbrennbare Produkte im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten durchführen. Dies würde wesentliche Informationen liefern, um Entscheidungen im Interesse von Millionen von Rauchern zu treffen.

Wir stehen für alle Expertenanhörungen bei der Europäischen Kommission zu diesem Thema zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

CoEHAR-Mitglieder“

Quellen

  1. https://copwatch.info/even-bigger-big-trouble-in-little-panama/
  2. https://www.coehar.org/coehar-letter-to-the-european-commissioner-for-health-for-a-redefinition-of-anti-smoking-policies/
  3. https://www.coehar.org/wp-content/uploads/2023/10/CoEHAR-Letter-to-EU-Commissioner-Health-and-Food-Safety.pdf

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