[UK] RCP – Bericht – E-Zigaretten und Schadensbegrenzung: Eine Bestandsaufnahme

Das Royal College of Physicians in Großbritannien vertritt den Ansatz der Tabakschadensminimierung. Zwei große Berichte im Jahr 2016 und 2019 wurden veröffentlicht, in welchen Konsens ist, dass es für rauchende Menschen von Vorteil ist, auf das Dampfen umzusteigen.

Die Berichte sind sehr objektiv gehalten und betrachten ein großes Spektrum des Dampfens.

Nun wurde am 18.04.2024 der dritte Bericht veröffentlicht mit dem Titel, “E-cigarettes and harm reduction: An evidence review – E-Zigaretten und Schadensbegrenzung: Eine Bestandsaufnahme” 1

Irritierenderweise springt das RCP aber auch auf den Regulierungszug auf, welcher in den letzten Jahren von der WHO initiiert wurde und die Politiker in vielen Länder doch nur zu gerne umsetzen.

So werden auf der Hauptseite folgende Kernaussagen, mit dem Fokus auf Kiiinder und Jugendliche™ sowie Niemals-Dampfer, formuliert:

  • Preis – Anhebung des Preises durch Einführung einer Verbrauchssteuer und eines Mindestpreises pro Einheit bei gleichzeitigem Verbot von Mehrfachkäufen, aber Sicherstellung, dass sie für Erwachsene, die sie zur Raucherentwöhnung verwenden, eine kostengünstige Option bleiben. 

  • Werbung – Einschränkung des Werbematerials am Verkaufsort und der Sichtbarkeit der Produkte sowie Einschränkung der Werbung in den sozialen Medien. 

  • Kauf – Sicherstellung, dass die für den Handel zuständigen Behörden über ausreichende Mittel verfügen, um die Gesetze zum Verkauf von E-Zigaretten wirksam durchzusetzen und den Verkauf an Minderjährige einzuschränken. 

  • Produkte – Die Produkte sollen durch die Einführung standardisierter Verpackungen und Geschmacksbeschreibungen weniger attraktiv für Jugendliche sein. Die Hersteller sollen verpflichtet werden, die Produktion von giftigen Substanzen aus E-Dampfprodukte einzuschränken, die Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) soll die Produktinhalte unabhängig überprüfen, die Verbraucher sollen darüber beraten werden, welche Produkte am sichersten sind, wenn sie zur Raucherentwöhnung verwendet werden, und die Hersteller sollen die Kosten für das Recycling übernehmen. 

Es klingt für Außenstehende vielleicht erstmal OK. Das Problem ist aber meistens, was die Politik daraus macht. Wie z.B. hierzulande wurde eine exorbitante Liquidsteuer mittels TabStMoG eingeführt, welche den Markt für Disposable erst so richtig in schwung gebracht hat. Zudem poppen immer wieder medial Rufe nach Aromenverbote hoch.

Exkurs

Weshalb ausgerechnet die oben genannten Forderungen/Vorschläge auf der Hauptseite als Kernaussagen prominent platziert wurden, liegt u.a. dass das Thema Einwegdampfen auch in Großbritannien massiv hochgepusht wird und die Politik in Großbritannien hat weitreichende Regulierungen vor. Stichworte: rauchfreie Generation, Aromenverbote, Einheitsverpackung, Besteuerung. Den aktuellen Stand der Diskussion, Analyse und Vorschläge können bei Clive Bates, “UK Tobacco and Vapes Bill: a Misfire and a Backfire – UK Tabak- und E-Dampfgesetz: ein Fehlschlag und ein Rückschlag2 nachgelesen werden.

Der Import und Handel mit Disposables (Einwegdampfen) hat eine regelrechte Sintflut ausgelöst, egal ob illegal oder legal erfolgt. Der Vertrieb der Einwegdampfen im Fachhandel macht es nicht besser. Ob dieser auf Dauer damit überleben kann, ist fraglich. Mittelklasse- und High-End-E-Dampfprodukte sind mittlerweile Mangelware bzw. es kommen nur noch selten Neuheiten raus. Eine äußerst bedenkliche Situation, auch für eingefleischte Dampfer. Die Politik muss sich hier die Fragen gefallen lassen, weshalb es nach der TPD2 bzw. TabakerzG eine Melde- und Stillhaltepflicht, bis die Produkte auf den Markt kommen dürfen? Was machen die Behörden mit den Daten? Schaut sich das niemand an? Wurden die Disposables bewusst zugelassen, da man ahnte, wohin es führen könnte und somit der Ruf nach noch mehr Regularien/Verbote laut werden würde? Das Thema Disposables wird jedenfalls von der WHO und Anti-E-Dampf-NGOs voll ausgenutzt und treibt die Politik vor sich her.

Zurück zum RCP Bericht.

Schaut man in die angehängten Dokumente des aktuellen RCP Berichts, E-cigarettes and harm reduction – executive summary 3 E-cigarettes and harm reduction – full report 4, so wird aber auch das eigentliche Thema klarer, Tabakschadensminimierung mit Hilfe von E-Dampfprodukte. Hierzu werden die aktuellen Erkenntnisse rund um Nikotin sowie der Erfolg des Rauchstopps mit Hilfe der E-Dampfe hervorgehoben. Insbesondere das Dokument “Full Report” enthält eine Menge nützlicher Grafiken und Studien.

“Die derzeitigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Nikotin selbst nur ein geringes Gesundheitsrisiko birgt […]”

Das RCP erkennt an, dass die politische Förderung des Umstiegs vom Rauchen auf das Dampfen in UK sich positiv auf die öffentliche Gesundheit auswirkt.

“Es gibt Hinweise darauf, dass E-Zigaretten sowohl akzeptabel als auch wirksam für die Raucherentwöhnung und den Ausstieg aus dem Tabakkonsum sind.”

Daher empfiehlt das RCP:

“E-Zigaretten sollten als wirksames Mittel gefördert werden, um Rauchern zu helfen, mit dem Tabakkonsum aufzuhören.”

Einen pragmatischen Ansatz schlägt das RCP vor, um Raucher zu erreichen:

“Auf Zigarettenschachteln und Beipackzetteln sollten Hinweise auf die relativen Risiken von Dampfen und Rauchen vorgeschrieben werden, so dass zwar Raucher, nicht aber Nichtraucher erreicht werden.“

Bezüglich einer möglichen Besteuerung von E-Dampfprodukten, ist das RCP der Meinung, dass Einweg-E-Dampfprodukte höher besteuert werden sollten, als Wiederbefüllbare- bzw. aufladbare. Aber günstiger als Tabakzigaretten.

Das RCP bedient aber auch hier die Klischeeforderungen der Tabakkontrolle nach Einheitsverpackungen und reduzierter Aromenbeschreibung. Gut, so manche Aromenverpackung ist wirklich aufwendig/aufreizend designed, dass muss dann auch nicht sein. Aromenverbote sind aber definitiv der falsche Ansatz, denn auch in UK nutzen laut RCP mind. 47% der erwachsenen Dampfer in UK, süße Aromen.

Insgesamt ist das Dokument doch recht pragmatisch und faktenbasiert aufgebaut. Insbesondere wenn man dies den Veröffentlichungen medizinischer Fachgesellschaften in Deutschland vergleicht, schon fast eine Wohltat. Hierzulande sind wir diesbezüglich noch voll auf Steinzeitniveau.

Zusammenfassung der ersten beiden Berichte

12.05.2016

Promote e-cigarettes widely as substitute for smoking says new RCP report – Neuer RCP-Bericht: E-Zigaretten als Ersatz für das Rauchen weithin bewerben 5

Kernaussagen:

  • E-Zigaretten sind kein Einstieg ins Rauchen – im Vereinigten Königreich werden E-Zigaretten fast ausschließlich von Personen verwendet, die bereits Tabak konsumieren oder konsumiert haben.

  • E-Zigaretten führen nicht zu einer Normalisierung des Rauchens – es gibt keine Belege dafür, dass die Nikotinersatztherapie (NRT) oder der Konsum von E-Zigaretten zu einer Renormalisierung des Rauchens geführt hat. Keines dieser Produkte hat bisher zu einem signifikanten Konsum unter erwachsenen Nichtrauchern geführt, und es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass junge Menschen in signifikantem Umfang zum Rauchen übergehen.

  • E-Zigaretten und Raucherentwöhnung – Bei Rauchern führt der Konsum von E-Zigaretten wahrscheinlich zu Aufhörversuchen, die sonst nicht unternommen worden wären, und bei einem Teil von ihnen zu einer erfolgreichen Entwöhnung. Auf diese Weise können E-Zigaretten als Einstieg in die Raucherentwöhnung dienen.

  • E-Zigaretten und langfristige Schäden: Die Möglichkeit, dass der langfristige Konsum von E-Zigaretten aufgrund der Inhalation anderer Inhaltsstoffe als Nikotin gewisse Schäden verursacht, ist nicht von der Hand zu weisen, dürfte aber sehr gering sein und deutlich unter den Schäden liegen, die durch das Rauchen von Tabak entstehen. Mit geeigneten Produktstandards, die die Exposition gegenüber den anderen Inhaltsstoffen minimieren, sollte es möglich sein, die Risiken für die körperliche Gesundheit noch weiter zu verringern. Obwohl es nicht möglich ist, die mit E-Zigaretten verbundenen langfristigen Gesundheitsrisiken genau abzuschätzen, deuten die verfügbaren Daten darauf hin, dass sie wahrscheinlich nicht mehr als 5 % der mit gerauchten Tabakerzeugnissen verbundenen Risiken ausmachen und sogar deutlich unter diesem Wert liegen dürften. 

28.10.2019

Nicotine without smoke: Tobacco harm reduction – Nikotin ohne Rauch: Schadensbegrenzung beim Tabakkonsum 6

Kernaussagen:

  • Rauchen ist im Vereinigten Königreich die größte vermeidbare Ursache für Tod und Behinderung sowie für soziale Ungleichheit im Gesundheitsbereich.

  • Die Bereitstellung des Nikotins, nach dem Raucher süchtig sind, ohne die schädlichen Bestandteile des Tabakrauchs, kann den größten Teil der Schäden des Rauchens verhindern.

  • Die Nikotinersatztherapie (NRT) ist am wirksamsten bei der Raucherentwöhnung, wenn sie zusammen mit medizinischem Fachpersonal eingesetzt wird, und weit weniger wirksam, wenn sie allein angewendet wird.

  • E-Zigaretten werden als Verbraucherprodukte vermarktet und erfreuen sich als Ersatz und Konkurrent zu Tabakzigaretten weitaus größerer Beliebtheit als die NRT.

  • E-Zigaretten scheinen wirksam zu sein, wenn sie von Rauchern als Hilfsmittel zur Raucherentwöhnung verwendet werden.

  • E-Zigaretten werden derzeit nicht nach Arzneimittelstandards hergestellt und sind wahrscheinlich gefährlicher als NRT.

  • Das Gesundheitsrisiko, das sich aus der langfristigen Inhalation von Dampf aus den heute erhältlichen E-Zigaretten ergibt, dürfte jedoch nicht mehr als 5 % des Schadens betragen, der durch das Rauchen von Tabak entsteht.

  • Technologische Entwicklungen und verbesserte Produktionsstandards könnten die langfristige Gefährdung durch E-Zigaretten verringern.

  • Es gibt Befürchtungen, dass E-Zigaretten das Tabakrauchen verstärken werden, indem sie das Rauchen wieder normalisieren, als Einstieg in das Rauchen bei jungen Menschen dienen und für eine vorübergehende, nicht für eine dauerhafte Abstinenz vom Rauchen verwendet werden.

  • Die bisher vorliegenden Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass E-Zigaretten fast ausschließlich als sicherere Alternative zum Rauchen von Tabak von eingefleischten Rauchern verwendet werden, die versuchen, die durch das Rauchen verursachten Schäden für sich oder andere zu verringern oder das Rauchen ganz aufzugeben.

  • Es bedarf einer Regulierung, um die direkten und indirekten schädlichen Auswirkungen des E-Zigarettenkonsums zu verringern, aber diese Regulierung sollte nicht dazu führen, dass die Entwicklung und Verwendung von Produkten zur Schadensminimierung durch Raucher erheblich behindert wird.

  • Im Interesse der öffentlichen Gesundheit ist es jedoch wichtig, die Verwendung von E-Zigaretten, NRT und anderen nikotinfreien Produkten als Ersatz für das Rauchen im Vereinigten Königreich so weit wie möglich zu fördern.

Quellen

  1. https://www.rcp.ac.uk/policy-and-campaigns/policy-documents/e-cigarettes-and-harm-reduction-an-evidence-review/  – [Archivlink]
  2. https://clivebates.com/uk-tobacco-and-vapes-bill-a-misfire-and-a-backfire/
  3. https://www.rcp.ac.uk/media/t5akldci/e-cigarettes-and-harm-reduction_executive-summary_0_0.pdf  – [Archivlink]
  4. https://www.rcp.ac.uk/media/n5skyz1t/e-cigarettes-and-harm-reduction_full-report_updated_0.pdf
  5. https://www.rcp.ac.uk/news-and-media/news-and-opinion/promote-e-cigarettes-widely-as-substitute-for-smoking-says-new-rcp-report/ – [Archivlink]
  6. https://www.rcp.ac.uk/improving-care/resources/nicotine-without-smoke-tobacco-harm-reduction/ – [Archivlink]
    Blogbeitrag: https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2016/04/uk-royal-college-of-physicians-nikotin-ohne-rauch-tabakschadensminimierung/

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