[UK] Großbritannien – Ende des Vorreiters für Tobacco Harm Reduction?

Wie schon oft bezüglich der E-Dampfprodukte geschrieben, scheint weltweit überall ein ähnliches Skript wie bei anderen Themen abzulaufen. In diesem Fall ist es die WHO, die hier  federführend Vorgaben macht. Sie fordert Verbote oder knallharte Regulierungen. 

In den jeweiligen Mitgliedsstaaten treiben das die dortigen NGOs der Tabakkontrolle weiter und publizieren jede Menge Unwahrheiten, um die nationale Politik zu zwingen, regulierend einzugreifen. Was meist in Verboten mündet.

Da wird der Gateway Müll (vom Dampfen zum Rauchen) immer wieder postuliert, obwohl seriöse Studien genau das Gegenteil belegen. Dampfende Jugendliche werden medial hochstilisiert – “aber die Kiiinder” ™ , aus dem Netz bunte Bildchen von E-Dampfprodukte und Liquids gesucht um die Leserschaft zu manipulieren, “seht, dass verführt die Kiiinder ™  und Jugendliche, das ist böse”. Dabei wird von allen Seiten geflissentlich ignoriert, dass zum einen die Zahl jugendlicher Dampfer auf einem einstelligen Promillebereich liegt und zum anderen, mehr Jugendliche regelmäßig Rauchen (obwohl die Gesamtzahl der jugendlichen Tabakkonsumenten über Jahrzehnte gesunken ist)!

In Deutschland rauchen ca. 14,9% der 14-17jährigen,

Quelle: DEBRA Study – abgerufen, 29.01.2024

während wiederum nur 2,3% der 14-17jährigen, die E-Dampfe nutzen.

Quelle: DEBRA Study – abgerufen, 29.01.2024

Großbritannien war hier seit über einem Jahrzehnt ein Garant für den gesunden Menschenverstand 1. Hier wurde und wird ordentliche Forschung zur E-Dampfe gemacht und über die Jahre hinweg knallharte wissenschaftliche Belege geliefert, dass das Dampfen im Vergleich zum Rauchen geradezu harmlos ist. Die Politik hat bisher darauf auch gut reagiert und das Dampfen über Public Health England (PHE) und dem NHS rauchenden Menschen empfohlen 2

Dies tut sie zwar weiterhin, aber unter dem aktuellen Premierminister Rishi Sunak scheint sich der Wind zu drehen. Zwar hört er mit einem Ohr auf PHE, aber mit dem anderen scheinen die hässlichen Ideen der WHO auf fruchtbaren Boden zu fallen.

In UK wurde das Thema Jugendliche und Dampfen ebenfalls in den Medien hochgespielt. Und so kam es, wie kommen musste: am 28.01.2024 wurde eine Pressemitteilung, “Disposable vapes banned to protect children’s health – Verbot von Einwegdampfern zum Schutz der Gesundheit von Kindern3 veröffentlicht, natürlich alles zum Schutze der Kiiinder ™ (das allseits bekannte Totschlagargument, der E-Dampfgegner [ANTZ 4 ]).

Zitat:

  • Verbot von Einwegdampfern, die zu einem alarmierenden Anstieg des jugendlichen Dampfen geführt haben

  • Neue Befugnisse zur Einschränkung von Aromen, zur Einführung unbedruckter Verpackungen und zur Änderung der Art und Weise, wie Vapes in Geschäften ausgestellt werden, damit sie für Kinder nicht attraktiv sind

  • Mit dem neuen Gesetz wird der Verkauf von Tabakerzeugnissen an Personen, die am oder nach dem 1. Januar 2009 geboren sind, verboten. Damit wird das Versprechen des Premierministers eingelöst, eine rauchfreie Generation zu schaffen.

Die Tagesschau findet es natürlich klasse und bringt in ihrem Beitrag am Ende gleich noch unsere deutschen “Experten”™ , unter um entsprechend Stimmung in Deutschland zu schaffen 5.

Ausführlich argumentiert Clive Bates in “UK to ban disposable vapes, restrict flavours and do more stupid stuff – Großbritannien will Einwegdampfer verbieten, Geschmacksrichtungen einschränken und weitere Dummheiten machen6  generell gegen diese Verbote, da die britische Regierung nicht nur die Einwegdampfen verbieten will, sondern einen generellen Rundumschlag macht. Sprich Einheitsverpackungen für E-Dampfprodukte, Aromenverbote etc. Also alles, was die WHO gerne möchte.

Clive Bates schreibt, dass solche unsensiblen Regulierungen/Verbote zu entsprechender Anpassung der Verhaltensweisen bei Konsumenten führt, mit entsprechendem nachteiligen Effekt:

  • Rückkehr zum Rauchen.
  • Rauchen anstelle von Dampfen.
  • Sie schaffen es nicht, in Zukunft vom Rauchen zum Dampfen zu wechseln.
  • Sie werden oder bleiben Dual-User (Dampfen und Rauchen), anstatt ausschließlich zu dampfen.
  • Umstieg auf nicht verbotene Dampferzeugnisse.
  • Umstieg auf illegal gelieferte, verbotene Dampferzeugnisse.
  • Umstieg auf andere tabakfreie Nikotinprodukte, wie Nikotinbeutel.
  • Umstieg auf erhitzte Tabakerzeugnisse oder Snus (falls verfügbar).
  • Versuchen Sie den Konsum anderer Substanzen oder andere riskante Verhaltensweisen.
  • Ausprobieren von Umgehungslösungen (z. B. als Reaktion auf das Verbot von Aromen und Nikotinbegrenzungen).
  • Einstieg in die illegale Lieferkette als Verkäufer oder Vertreiber.
  • Abstinent werden und nur noch tugendhafte Verhaltensweisen zeigen.

Zitat Artikel Clive Bates:

“Die britische Regierung hat eine naive Vorstellung vom Risikoverhalten Jugendlicher. Nur weil jemand einen Einwegverdampfer benutzt und vorher nicht geraucht hat, bedeutet das nicht, dass er (1) in einer kontrafaktischen Welt ohne Verdampfer nicht geraucht hätte und (2) im Falle eines Verbots nicht rauchen oder andere Nikotinprodukte verwenden würde.  Sie können nicht einfach davon ausgehen, dass ein Verbot von Einwegdampfern oder Aromen junge Menschen vom Dampfen oder Rauchen abhalten wird.”

In Großbritannien kann man von ähnlichen Relationen wie in Deutschland ausgehen. Nach verfügbaren Zahlen gibt es zwischen 3,6% und 3,9% Jugendliche die E-Dampfprodukte gelegentlich und/oder regelmäßig nutzen. 

Zitat Artikel Clive Bates

“Das wären 275.000 junge Menschen, die Einwegprodukte verwenden (mit einer unbekannten Aufteilung zwischen weniger als und mehr als einmal pro Woche). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass etwa neunmal so viele Erwachsene wie Jugendliche von dem Verbot betroffen sein werden. Und viele dieser jungen Menschen werden nur sehr gelegentliche Nutzer sein. Der Konsum unter Erwachsenen wird von Menschen dominiert, die rauchen oder früher geraucht haben – und diese Maßnahme setzt sie dem Risiko schwerer Krankheiten aus.”

Dies zeigt, dass erwachsene Raucher – wieder einmal – unverhältnismäßig von den geplanten Verboten betroffen sind. Insbesondere beim Thema Aromenverbote.

Aromenverbote

Zitat Artikel Clive Bates:

“Wenn es eine schlimmere Idee als das Verbot von Einwegdampfern gibt, dann wäre es die mehr als schreckliche Idee, wichtige Kategorien von Aromen in Dampferzeugnissen zu verbieten und damit das zugrunde liegende Wertversprechen zu beschädigen, das das viel sicherere Dampfen zu einem wirksamen Konkurrenten des Rauchens gemacht hat.
Könnte dies nur den Zigarettenhandel schützen, das Rauchen fördern und mehr Schaden als Nutzen anrichten?”

Genau das ist der Punkt: nur wenige ehemaliger Raucher konsumieren Liquids mit Tabakgeschmack. Die Allermeisten wollen vom Rauchen weg und kein Tabakgeschmack mehr. Daher nutzen sie fruchtige und süße Aromen. Ein Aromenverbot ist absolut kontraproduktiv. Es werden ja auch keine alkoholkranken Menschen mittels Wasser und Wodkageschmack entwöhnt!

Vorschlag zu rauchfreien Generation

Tolle Schlagzeile, wird aber niemanden von den Minderjährigen abhalten, sich dennoch mit Tabakwaren zu besorgen.

Viel wichtiger ist es, die große Zahl aktuell rauchender, erwachsener Menschen zum Umstieg auf sicherere Nikotinalternativen, wie die E-Dampfe, zu bewegen. Auch hier hat die EU versagt, in dem sie vor über 30 Jahren das rauchfreie Snus verboten hat (außer in Schweden).

Weiterer Blickwinkel

Jetzt kann man bezüglich Einwegdampfen geteilter Meinung sein. Ich persönlich mag die Geräte auch nicht, insbesondere da es eine große Auswahl an nachfüllbaren und wiederaufladbaren Pod-Systemen gibt, die ebenfalls klein und handlich sind.

Ein Blickwinkel, den viele, auch ich, außer Betracht lassen, sind gehandicapte Menschen. Also Menschen, welche körperlich nicht in der Lage sind E-Dampfprodukte mit den eigenen Händen zu bedienen. Für diejenigen, welche vom Rauchen auf das Dampfen umgestiegen sind, sind Einwegdampfen natürlich ein Segen.

Aufmerksam bin ich auf dieses Thema geworden über eine aktuell veröffentlichte Studie der University College London (UCL): “Who would be affected by a ban on disposable vapes? A population study in Great Britain – Wer wäre von einem Verbot von Einwegdampfern betroffen? Eine Bevölkerungsstudie in Großbritannien” 7

Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass ca. 2,6 Millionen Menschen von dem Verbot der Einwegdampfen betroffen wären.

“ Außerdem hätte es unverhältnismäßige Auswirkungen auf benachteiligte Gruppen, die höhere Raucherquoten aufweisen und denen es in der Regel schwerer fällt, mit dem Rauchen aufzuhören.”

Mitautorin Dr. Sarah Jackson twittert 8

“Eine wichtige mögliche unbeabsichtigte Folge des Verbots von Einwegdampfern. Es könnte signalisieren, dass E-Dampfprodukte schädlicher sind als Zigaretten, die nicht verboten sind. Es gibt großartige wiederaufladbare E-Dampfprodukte – wir müssen die Menschen ermutigen, diese zu benutzen, anstatt (wieder) zum Rauchen überzugehen.”

Bezüglich der Einwegdampfe: weshalb hier nicht ein Pfandsystem etablieren? Somit wird u.U. die Reichweite eingeschränkt und die Ressourcen können nach der Nutzung recycelt und wiederverwendet werden. Ist wohl zu pragmatisch gedacht.

Fazit

Generell ist die Panikmache bzgl. Jugendliche und E-Dampfe komplett überzogen. Allein wenn das Schadenspotential betrachtet wird, sollte jeder mit gesundem Menschenverstand zur Erkenntnis kommen, dass das Dampfen um Welten weniger schädlich ist als zu Rauchen.

Quelle: Abrams et al.; Harm Minimization and Tobacco Control: Reframing Societal Views of Nicotine Use to Rapidly Save Lives; 2018

Der Fehler, der auch immer gemacht wird, ist Nikotin zu verteufeln. Dabei ist klar, Nikotin für sich ist kaum bzw. nur schwach suchterzeugend und mit Koffein zu vergleichen 9 10.
Gibt es eigentlich Fälle, in welchen Nutzer von NRT abhängig geworden sind?

Natürlich sollten Jugendliche weder Tabak- noch E-Dampfprodukte konsumieren. Verhindern lässt sich das nicht, trotz JuSchG. Daher ist es aus rein moralischen und gesundheitlichen Gesichtspunkten weniger kritisch, wenn Jugendliche dampfen, insbesondere, wenn die Alternative, Rauchen bedeutet, was definitiv schädlich ist. Alles andere ist moralische Prohibition. Kinder und Jugendliche werden seit Jahren für die Ideologie einer tabak- und dampffreien Gesellschaft missbraucht.

Großangelegte Verbote, wie Aromenverbote, Besteuerung etc. führen nur dazu, dass Konsumenten sich anderweitig umschauen (Schwarzmarkt) oder weiterrauchen. Australien ist hier das Negativbeispiel schlechthin 11 und für die öffentliche Gesundheit ist das kein Gewinn. Der Gesetzgeber sollte maximal ein Verkaufsverbot an Minderjährige erlassen, dieses aber auch effizient kontrollieren. Maximalverbote bringen niemanden etwas.

Insbesondere sind diese Ankündigungen in Großbritannien im Vorfeld der anstehenden FCTC COP10 natürlich fatal, denn da bestand bisher die Chance, dass die britischen Delegierten sich gegen die Pläne der WHO stemmen.

So bleibt am Ende die kleine Hoffnung, dass der Gegenwind in Großbritannien für den Premierminister Sunak groß wird (siehe Weiterführende Informationen) und von diesen katastrophalen Plänen Abstand genommen wird.

Weiterführende Informationen

Quellen

  1. https://www.gov.uk/government/news/e-cigarettes-around-95-less-harmful-than-tobacco-estimates-landmark-review – [Archivlink]
  2. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2023/04/uk-phe-uk-kampagne-kippe-gegen-e-dampfe/
  3. https://www.gov.uk/government/news/disposable-vapes-banned-to-protect-childrens-health – [Archivlink]
  4. ANTZ = Anti Tobacco and Nicotine Zealots
  5. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/grossbritannien-einweg-e-zigaretten-100.html – [Archivlink]
  6. https://clivebates.com/uk-to-ban-disposable-vapes-restrict-flavours-and-do-more-stupid-stuff/ – [Archivlink]
  7. Jackson et al.; UCL; 2024
    Who would be affected by a ban on disposable vapes? A population study in Great Britain
    https://doi.org/10.1016/j.puhe.2023.12.024
  8. https://twitter.com/DrSarahEJackson/status/1751972045334680014
  9. https://www.rsph.org.uk/about-us/news/nicotine–no-more-harmful-to-health-than-caffeine-.html – [Archivlink]
  10. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2024/01/us-j-a-singer-was-ist-die-ursache-fuer-nikotinophobie/
  11. https://ch-lippmann.de/blog/dampffreiheit/2024/01/au-australien-ein-feuchter-traum-wird-wahr/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert